Wer regelmäßig die lokalen Nachrichten verfolgt, ist sicherlich auch über den „Freitaler Corona-Beschluss“ gestolpert. Der Freitaler Stadtrat hatte am 30. März mehrheitlich beschlossen, dass der Oberbürgermeister beauftragt wird, sich mit allen rechtmäßigen Mitteln für die Rücknahme der seit 1. April geltenden Testpflicht in Grundschulen einzusetzen. Weiterhin sollte in allen öffentlichen Grundschulen unverzüglich eine Schulkonferenz einberufen werden, um in den Hausordnungen Regelungen zu treffen, welche den Zutritt zum Schulgebäude auch ohne vorherigen Test ermöglicht (Link zum Beitrag der SZ vom 31.03.2021).
Ein nahezu gleichlautender Antrag wurde nun zur 4. Sitzung des Tharandter Stadtrates am 15.04.2021 von Ronny Döhnert (AfD) eingereicht.
Der Antrag der AfD erreichte die Stadträte erst lange nach der Ladungsfrist und war damit nicht Bestandteil der offiziellen Tagesordnung der Stadtrat-Sitzung. Daher wurde der Antrag gestellt, das eingereichte Thema nachträglich auf die Tagesordnung der Sitzung des Stadtrates zu nehmen. Die Abstimmung ergab folgendes sehr klare Ergebnis:
- Ja-Stimmen: 4 (3 x AfD und Bürgermeister Silvio Ziesemer)
- Nein-Stimmen: 15 (alle anderen Stadtratsmitglieder!)
Damit wurde das Thema nicht weiter behandelt.
Am drauffolgenden Tag veröffentlichte das Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge eine Pressemitteilung, in dem der Beschluss aus Freital als rechtswidrig eingeschätzt wird (Link zur Pressemitteilung des Landratsamtes vom 16.04.). Auch der MDR (Link zum Beitrag des MDR vom 16.04.) sowie die SZ (Link zur Beitrag der SZ vom 16.04.) berichteten.
Die FWG Tharandt fragt sich daher, wie es sein kann, dass ein derartiger Beschlussantrag (ungeprüft?) durch den Bürgermeister auf die Tagesordnung gebracht wurde. Immerhin obliegt es ihm, wann er einen Antrag auf die Tagesordnung nimmt. Der Antrag wurde der Stadtverwaltung nach einer Aussage erst zwei Tage vor der Sitzung übergeben. Eine hohe Dringlichkeit, welcher eine Eilentscheidung erlaubt hätte, war aus dem Antrag der AfD nicht ersichtlich. Den ehrenamtlichen Stadträten ging das Schriftstück sogar erst einen Tag vor der Sitzung zu. Viel zu wenig Zeit, um sich thematisch damit beschäftigen zu können.
Dies war im Übrigen auch der Hauptgrund, warum die Stadträte der FWG eine Befassung mit dem Thema in der Stadtratssitzung abgelehnt haben. Für eine echte inhaltliche Befassung fehlte schlicht die Zeit. Aber auch inhaltlich wären wir wohl zu keinem anderen Schluss gekommen: Wir sind gewählt, um Entscheidung im Rahmen geltenden Rechts zu treffen. Es war selbst für uns als Laien recht offensichtlich, dass eine Änderung der Hausordnung in den Grundschulen nicht dazu geeignet sein kann, die „höherwertigen“ gesetzlichen Grundlagen auszuhebeln. Auch haben wir keine massive Kritik oder gar einen Hilferuf aus unseren beiden Grundschulen vernommen, weder von der Schulleitung noch von den Elternräten. Damit stellt sich die Frage, auf welcher Basis der Antrag der AfD eigentlich basiert?
Ob diese Fragen auf der kommenden Sitzung des Stadtrates noch diskutiert werden sollen, ist unklar. Bislang wurde lediglich abgelehnt, sich mit dem Antrag auf der Sitzung des Stadtrates vom 15.04. zu beschäftigen. Hier bleibt abzuwarten, wie es mit dem Antrag weitergeht.
Noch eine persönliche Anmerkung: Sicherlich sind weder die Kinder noch die Lehrerinnen und Lehrer oder Eltern glücklich mit der aktuellen Situation. Wer trägt schon gerne eine Maske oder popelt mit einem Wattestäbchen in seiner Nase oder im Rachen umher. Gewiss niemand. Aber wir leben in Zeiten, in denen geliebte Menschen an einer Krankheit sterben, welche sich unter Einhaltung der aktuellen Maßnahmen hoffentlich etwas langsamer ausbreiten kann. Also sollten wir alles Zumutbare tun, um der Pandemie entgegenzutreten, auch wenn es an vielen Stellen schmerzt (physisch wie psychisch). Die Frage, was zumutbar ist, muss dabei immer wieder im Licht der aktuellen Situation neu bewertet werden. Von daher ist eine Diskussion wichtig und richtig. Aber bitte immer sachlich und auf Basis geltenden Rechts.
@AfD: PS: Das Wasser in unseren Waschbecken läuft noch super ab!
Richard Georgi
Für die Stadtratsfraktion der FWG Tharandt