Wir Stadträte der Freien Wählergemeinschaft Tharandt sehen in der aktuellen Situation einen Konflikt: Einerseits haben wir eine Vorbildwirkung und unterstützen ausdrücklich das derzeitige Versammlungsverbot zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie. Andererseits möchten wir als gewählte Vertreter unserer Kommune gerade jetzt den gestellten Aufgaben nachkommen und müssen dazu beraten.
Was machen Andere? Hier ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Die Kreistagssitzung im März ist abgesagt, zahlreiche Stadtratssitzungen in umliegenden Gemeinden wurden ebenfalls abgesagt (Bannewitz, Freital, Rabenau), andere führen die Sitzungen unter verschärften Sicherheitsregeln durch (Wilsdruff). Auch große Plenarsäle der Länder, des Bundes oder der EU sind leer.
Die Durchführung von beschließenden Ausschusssitzungen (Technischer Ausschuss, Verwaltungsausschuss, Ausschuss für Kultur, Erholung und Soziales) und der Stadtratssitzungen bleibt weiterhin erlaubt (Hinweise des SMI vom 24.03.2020, Schreiben des SSG vom 18.03.2020), soll jedoch auf unaufschiebbare Tagesordnungspunkte beschränkt werden. Der Sächsische Städte- und Gemeindetag betont weiter, dass der Öffentlichkeitsgrundsatz gewahrt werden muss, also auch Mitbürgerinnen und Mitbürger an den Sitzungen teilnehmen können.
Wir als FWG fragen uns, inwieweit das mit den strengen Regeln des Kontaktverbotes vereinbar ist. Wie sollen wir den Bürgerinnen und Bürgern vermitteln, dass sie sich nicht mit Personen außerhalb des eigenen Hausstandes treffen dürfen während sich zur Sitzung bis zu 18 Stadträte plus Bürgermeister, ggf. weitere Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger an einem Ort treffen.
Auf der anderen Seite steht eine Vielzahl sehr wichtiger Entscheidungen in unserer Stadt an, wie z. B. die Vergabe von Aufträgen zur Weiterführung des Umbaus an der Grundschule Kurort Hartha und der Neubau der Kita in Tharandt. Hier geht es um Entscheidungen, welche in ihrer Tragweite die kommenden Jahrzehnte unserer Stadt beeinflussen. Wir sind uns daher auch einig, dass unaufschiebbare Entscheidungen nicht bis zum Ende der Corona-Krise warten können – zumal niemand seriös zu sagen vermag, wann dies sein wird. Aber muss man sich tatsächlich persönlich treffen? Gibt es nicht auch andere Wege? Aus unserer Sicht gibt es diese Wege! Das Sitzungen auch per Videokonferenz grundsätzlich möglich sind, hat beispielsweise der Stadtrat in Halle bereits gezeigt. Die gewählten Stadträte der FWG haben sich daher am Wochenende in einer Videokonferenz getroffen. Nach einigen kleineren Anfangsschwierigkeiten funktionierte dies auch sehr gut.
Eine Nachfrage bei der Stadtverwaltung, ob ein derartiges Vorgehen in Zeiten der Corona-Krise nicht generell möglich wäre, wurde mit Verweis auf eine fehlende Rechtsgrundlage verneint. Wir haben uns daher mit der Bitte an unseren Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller gewandt, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, um in den jetzt herrschenden Krisenzeiten verantwortungsvolle Arbeit leisten zu können.
Aus den genannten Gründen haben sich die gewählten Stadträte der FWG Tharandt dazu entschieden, nicht an der kommenden Sitzung des Technischen Ausschusses (31.03.2020) teilzunehmen. Wir hoffen auf eine schnelle Entscheidung, so dass die notwendigen Abstimmungen in den kommenden Sitzungen über moderne Medien möglich sind.